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Blick in die Zukunft: Tennis am Rothenbaum mit Ufos, Body-Network, Genkontrollen, Tigern und Dr. h.c. Boris Becker.
Bill Gates German Open 2030
Mai 2030 -- Herrlich der Flug über Hamburg, ringsherum hunderte von bunten, radargesteuerten Mini-Ufos und unten der Michel, die Alster, der Hafen. „Tolle Aussicht heute", meint auch mein Flugtaxipilot, „bei dem Koloss, da müssen wir gleich runter." Das also ist die neue Tennisarena aus Acryl und Chrom, der „Super-Dome" am Rothenbaum. Verrückt, aus heutiger Sicht wie man auf das Ministadion vor 30 Jahren stolz sein und von einer der „atemberaubendsten Dachkonstruktionen der Welt" schwärmen konnte. Wer aber hätte gedacht, dass man einmal das Dach zum Spielen aufreißen und danach wieder schließen würde? Das Wetter - kein Thema mehr. Da werden einfach Chemikalien über der Arena versprüht, und schon sind alle Wolken weg.
Problemlos auch die Anfahrt mit dem Auto. Eine Chipkarte im Bordcomputer genügt, und schon werden die lautlosen, mit Benzin-Wasserstoff angetriebenen Mobile, ferngesteuert zur Parkgarage ins Stadion und nach dem Ausstieg, fahrerlos, in eine Parkbox dirigiert. Nur mit dieser Chipkarte kann man sich in die computergesteuerte Logistik des Turniers einklicken, etwa um sich auf Speedways oder in Kleinkabinen, einer „Menschen-Rohrpost", befördern zu lassen.
Schon vor Turnierbeginn war die Arena mit 100.000 Plätzen an allen Tagen ausverkauft. Gut für die DTB-Aktien - der Kurs wird steigen. Wer aber konnte ahnen, dass die Umsätze der Top-Tennisturniere in solche Dimensionen wachsen würden. Waren es früher 120 Millionen vom Fernsehen, über die sich die Macher beim DTB die Hände rieben, springen heute Milliarden bei Wetten und Internet-Vermarktung heraus. Dick im Geschäft Boris Becker, das heißt Dr. h.c. Becker. Der 65-Jährige hatte sich nach ersten geschäftlichen Misserfolgen durchgeboxt. Dann der große Coup - ein Milliardendeal. Becker riss die Vermarktung der Grand Slams und Topturniere an sich. Auch der Gang des DTB an die Börse hatte riesigen Profit gebracht und die German Open, mit Bill Gates als Hauptsponsor, zu einem Mega-Spektakel gemacht.
Dabei war hier vor 30 Jahren alles anders. Da wurde nach traditionellen Regeln Tennis gespielt, war es während der Ballwechsel mucksmäuschenstill, dauerten Matches oft über drei Stunden, saßen Linienrichter um den Platz herum. Heute ist nichts mehr wie früher. Die Regeln sind simpel. Der Ball wird mit einem Aufschlag abwechselnd von den Spielern ins Spiel gebracht. Wer zuerst vier Punkte hat, kriegt ein Spiel, und wer zuerst vier Spiele hat, den Satz, und wer nach 90 Minuten nach Sätzen führt, hat gewonnen. Und weil ein Tennisball immer für ein paar Sekunden knallrot leuchtet, wenn er im Aus aufkommt, wird auch ohne Linienrichter richtig entschieden. Auch Animation ist, wie eine Laser-Reklame am Himmel verspricht, angesagt. Und schon geht es richtig los, jagen zwei Tiger wild über den Center Court. „Keine Panik", beruhigt aber gleich der Stadionsprecher, während ein Mercedes aus einer Wolke in die Arena schwebt, „wir haben alles im Griff." Und wirklich, nachdem die Tiger ein paarmal um den Edelschlitten gefegt waren, verschwanden sie, inszeniert von ESSO als Action-Werbung, im Tank.
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